Aus der Geschichte unserer Kirchgemeinde
Als man bei Beginn der Renovationsarbeiten an unserer Kirche im Chörli nach der ursprünglichen Form des Gotteshauses grub, entdeckte man zur Überraschung aller Beteiligten die Überreste einer Römervilla in Form einer Warmluftheizung. Wir Bassersdorfer sind nicht wenig stolz darauf, denn römischer Ursprung gilt in der Welt als Kulturwert ersten Ranges. Es wäre deshalb reizvoll, eine möglichst umfassende Urgeschichte auch unserer Gemeinde abzufassen. Dies kann aber nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein. Wir müssen uns auf wenige wichtige Episoden aus der gesamten Entwicklung unserer Kirchgemeinde bescheiden.
Erste Dokumente über unsere Gemeinden
Die älteste Kirche in der Umgebung ist Kloten. Es stand ein anderer Bau an gleicher Stelle. Man kennt das Stiftungsjahr nicht und auch nicht den Stifter, vermutet aber, dass es ein Freiherr von Thengen gewesen sein muss, denn dieses Geschlecht besass lange Zeit das Recht des Zehntenbezuges und des Pfarreinsatzes. Urkundlich wird die weitaus ältere Kirche erst 1188 genannt. Die Pfarrei umfasste Kloten, Bassersdorf, Nürensdorf, Breiti, Dietlikon, Wallisellen, Rieden, Opfikon, teilweise Seebach, Ober-Rüti. Kein Wunder, dass an verschiedenen Orten Kapellen errichtet wurden, um den Gläubigen den Weg zur Kirche zu erleichtern. Die Geistlichen waren nicht zu beneiden. Einer übernahm zusätzlich noch die Pfarrei in Buchs, Furttal. Wie er nur mit seiner Arbeit zurechtgekommen sein mag? Die erste Urkunde, die den Namen unserer Gemeinde enthält, stammt vom 15. November 1155. Sie sei hier darum in deutscher Übersetzung angeführt. Der Originaltext ist lateinisch:
Bekannt gemacht sei jedem, sowohl den gegenwärtigen als auch den Zukünftigen, dass ich, Gerung, mit meiner Frau Bertha und meinem Sohn Konrad und meinen Töchtern Bertha und Hedwig meinen Besitz, gelegen in Walasseldon (Wallisellen, Winchelen (Winkel), Bazzelstorf mit all unseren Leuten rechtskräftig schenke an St. Martin auf dem Zürichberg, mit all seinem Zubehör, Äckern, Wiesen, Bebautem und Unbebautem, mit inneren und äusseren Weiden, um unseres und unserer Verwandten Seelenheil willen, in Gegenwart Werners, des Markgrafen zu Baden, und seines Bruders Kuoni, und anderer, deren Namen sind: Ulrich von Rapperswil, Werner von Duttweil, Konrad von Bonstetten, Konrad und sein Bruder Burkhart von Bendlikon, Berthold von Rufers. Gegeben im Jahre seit der Fleischwerdung des Herrn MCLV (1155) XV. Calendris novembris (15. November). Ich, Werner, Markgraf zu Baden bezeuge mit meinem Siegel. |
Gleichzeitig für Birchwil und die Breiti besteht eine erste Urkunde aus dem Jahre 1172. Sie wurde am 24. März in Zürich ausgefertigt.
Kundgetan sei allen, den Zukünftigen sowohl wie den Gegenwärtigen, dass gemeinsam Lüthold und Odalrich und Werner, die drei Brüder und Söhne des Reingers von der Preiti, alles mitsamt dem, was dazugehört im Weiler, welcher bezeichnet ist als Pirchinwilare (Birchwil) dem Herrn weihen durch das Kloster St. Martin für 9 Pfund Zürcher Währung (Fraumünster-Münzstätte).
Die älteste Urkunde, in der Nürensdorf erwähnt ist, und die mir zugänglich war, datiert aus dem Jahre 1278 und wurde in der Leutpriesterei Kilchberg abgefasst.
Äbtissin Elisabeth von Zürich verleiht dem Kloster Oetenbach ein Grundstück in Nürensdorf (in der Urkunde: Nurlistorf), das von einem Bauern Wizo bewirtschaftet ist (Wizo ist die altdeutsche Form für Wyss und Weiss). Baltenswil erscheint erstmals in einem Testament eines Johannes von Winterberg aus dem Jahre 1301, das in Tagelswangen ausgestellt wurde. Dort ist ein Zeuge namens Ulrich erwähnt, genannt Vocco de Baldiswile. In der Pfalz zu Zürich (Lindenhof) wird am 12. Januar 1257 bekundet, dass Graf Hartmann der Ältere von Kyburg seine Einwilligung zu verschiedenen Vergabungen seines Beamten Peter von Wornhusen an die Nonnen von Töss gegeben hat, dabei eine «Manse» in «Habechekke». Breitenloo wird in einer Lehensvergabung des Hartmann von Habsburg am 21.IV.1281 erstmals genannt, ebenso auch Bühl. Die Kapelle St. Johann in Bassersdorf wird erstmals 1275 urkundlich genannt. Anlässlich der Besteuerung der gesamten Geistlichkeit für einen Kreuzzug ins Heilige Land finden wir im Dekanat Embrach unter anderem auch die Klotener Kirche mit ihren Filialen, darunter Bassersdorf und Breiti erwähnt.
Die Kapelle auf der Breiti wurde vermutlich durch eine Familie Schwend gestiftet. Das waren Beamte der Grafen von Kyburg, d.h. Hörige in gehobener Stellung, z.B. Untervogt im Amt Bassersdorf-Nürensdorf-Breiti. Als solche hatten sie auch die niedere Gerichtsbarkeit inne, das bedeutet Friedensrichter, Steuerbeamter und Gemeindeammann in einer Person. Höher kamen unfreie Leute in der Regel nicht. Leider fehlt der Stiftungsbrief. In Urkunden wird die Kapelle 1353 erwähnt. Sie wurde dem heiligen Oswald geweiht, einem König von Northumberland, der 642 gestorben ist. Er wurde als Schutzpatron der Schnitter und des Viehs verehrt. Die Klotener Geistlichen hatten wöchentlich zweimal in dieser Kapelle die Messe zu lesen. Für alle Sakramente mussten die Leute aber nach Kloten pilgern, und das noch lange, nachdem die Kirche Bassersdorf schon losgetrennt war.
Bassersdorf wird selbständige Kirchgemeinde
Zahlreiche Höfe unserer Gemeinde waren durch Schenkung und Verkauf an verschiedene Gotteshäuser und das Spital Zürich zins- und zehntenpflichtig. Zins und Zehnten waren oft wieder an verschiedene Berechtigte aufgeteilt und es ergaben sich durch diese Vielfalt Doppelbesteuerungen. Im 13. und 14. Jahrhundert haben die geplagten Hörigen von Bassersdorf sich gegen die unmöglichen Zustände zu wehren begonnen. Das Ziel der Bassersdorfer samt den oberen Gemeinden war ein eigener Pfarrer in eigener Kirche.[...]
Am 20. Oktober des Jahres 1509 erhielten die «ehrbaren Leute von Bassersdorff, Nüerisdorff, Habchet, Baldeschwyle, Oberwil und Birchwil» auf Empfehlung zweier Kardinäle hin vom Papst tatsächlich die Vollmacht, «einen Touffstein uffrichten und da Ire Kind durch einen Beglichen tougenlichen Priester touffen, messen halten und andere göttliche empter eins Beglichen Sonnentags und sunst fyrlichen Tags vollbringen und dem Volch das Gotteswort verkünden lassen und von demselben Priester alle Sacrament empfachen mögen». Mit dem Recht des eigenen Taufsteins war auch das Recht verbunden, den Priester selbst zu wählen. Das Verfahren allerdings zeigt, dass unsere Kirchgemeinde immer noch als Tochterkirche Klotens betrachtet wurde. Der Leutpriester in Kloten hatte den Kandidaten zu examinieren. Darauf musste er ihn dem Abt des Klosters Wettingen vorstellen, der ihn seinerseits dem Bischof von Konstanz zur Bestätigung empfahl, «damit die ehrbaren Leute sich nicht mit einer untugendlichen Person versehen, sich verfuhren lassen und so verwahrlosen!» Noch eine ganze Reihe von Vorschriften engten die Bewegungsfreiheit des Bassersdorfer Priesters ein. Die Opfergaben von Bassersdorf gehörten Kloten. Unsere Gemeinde musste weiterhin die Kirchenzehnten dorthin leisten. Aber schon 1518 konnten die Bassersdorfer dem Bischof von Konstanz berichten, dass sie nun das Einkommen für einen Priester beisammen hätten: Haus, Hofstatt und Pünte (Gemüse und Obstgarten) auf Lebenszeit, dazu im Jahr 40 Mült Kernen und 40 Gulden Geld. Das war eine ausserordentlich schwere Belastung für die immerhin erst 400 Seelen zählende Gemeinde.
Mit der Reformation 1521 entband der Rat von Zürich die Gemeinde von ihren Pflichten gegenüber Kloten. 1525 erschien der erste reformierte Pfarrer in Bassersdorf: Michael Zinniger. Die Bewohner der Breiti wurden im Jahre 1539 endgültig nach Bassersdorf kirchengenössig. Die Pflicht, in der Kapelle Gottesdienst zu halten, ist geblieben; einmal im Monat wird auch heute noch diesem altehrwürdigen Brauch nachgelebt.
Ernst Morf-Schumacher
Zur Geschichte der Sonntagschule
«<link internal-link internal link in current>Aufzeichnungen über die erste Sonntagschule in Obholz 1875-1905», Erinnerungen von Frau Hauser-Isler, aufgezeichnet von Theodor Pfister, ehemaliger Pfarrer der Kirchgemeinde Bassersdorf-Nürensdorf.