Telegraf und Telefon in Bassersdorf

Mit der Gründung der eidgenössischen Postverwaltung 1849 erfolgte die Ablösung der kantonalen Postverwaltungen durch den Bund. Somit erhielt der Bund das Monopol, das später auch für die Telegrafie und für das Telefon erweitert wurde. Das Monopol war auch der Grund, dass der Telegraf und später auch das Telefon über manche Jahre in den Gebäuden der Post betrieben wurden. Auch in Bassersdorf war das so. Der Einfluss der Gemeinde auf die Infrastruktur der eidgenössischen Betriebe war eher klein.

Aufgrund privater und staatlicher Initiativen wurde ab 1850 der Bau eines Telegrafennetzes in der Schweiz nach ausländischen Vorbildern angestrebt und vorangetrieben. Das von National- und Ständerat beschlossene Gesetz über die Errichtung elektromagnetischer Telegrafen vom 23. Dezember 1851 legte die Erstellung und Betreibung eines Telegrafennetzes als staatliches Monopol fest: «Dem Bunde steht das ausschliessliche Recht zu, elektrische Telegraphen in der Schweiz zu errichten, oder die Bewilligung zur Erstellung derselben zu erteilen.» Als zu planende Telegrafenlinien wurden gesetzlich festgelegt: je eine West-Ost- und eine Nord-Süd-Verbindung sowie mehrere Zweiglinien. Telegrafenbüros und Taxen wurden vom Bundesrat festgelegt. Somit stand fest, dass die Telegrafenbüros und die Poststellen erst einmal gemeinsam betrieben wurden. Ab 1920 bestanden noch die Oberpostdirektion und die Obertelegrafendirektion als getrennte Organisationen.

Die Markenzeichen

Der Telegraf verbindet Bassersdorf mit der Welt

Der erste Bassersdorfer Telegraf wurde 1871 im neu eröffneten Postbüro an der Zürcherstrasse (Heute Bahnhofstrasse / altes kath. Pfarrhaus) eingerichtet. Bassersdorf hatte zu dieser Zeit rund 900 Einwohner. Diese bekamen nun die Möglichkeit mit fast allen Ländern Mitteilungen auszutauschen, denn das Telegrafennetz war bereits weltumspannend ausgebaut. In der Schweiz waren 1870 bereits 546 Telegrafenbüros mit 806 Apparaten in Betrieb. 892 Beamte verschickten rund 1,7 Mio. Telegramme.

Die Taxen waren immer ein Politikum. Sie wurden aber so gestaltet, dass alle Bevölkerungskreise von der neuen Technik profitieren konnten. So kosteten 1871 im Inlandverkehr:
1 – 20 Wörter Fr. 0.50, 21- 30 Wörter Fr. 0.75 und 31- 40 Wörter Fr. 1.-. Auf eine Unterteilung nach der Entfernung wurde verzichtet. Inbegriffen war die Zustellung im Umkreis von ¼ Stunde, was für das Ortsgebiet von Bassersdorf genügte. Bei weiteren Distanzen wurden die Telegramme, gegen einen Zuschlag, durch Post zugestellt.

Ab 1877 galt dann eine Grundtaxe von Fr. -.30 und 2,5 Rappen pro Wort. Dieser Tarif hielt 40 Jahre, nämlich bis 1920.

Wesentlich teurer waren die Telegrafenverbindungen ins Ausland und ganz speziell nach Übersee. Eine Depesche aus der Schweiz nach New York mit 64 Wörtern kostete damals rund Fr. 600.-. Ein Telegrafist verdiente damals monatlich Fr. 100.- und arbeitete dafür täglich 14 ½ Stunden.

Mit dem Aufkommen der Telefonie gingen die Telegrafenverbindungen ab ca. 1920 stark zurück, obwohl die telefonische Telegrammübermittlung ab 1926 möglich war. Der Streifendrucker und später der Fernschreiber (Telex) machten das Austauschen von Mitteilungen einfacher. Ab 1930 mussten die Fernschreiben nicht mehr in Morseschrift übermittelt werden, es konnte in Buchstaben und Zahlen geschrieben werden. Der Telex erlebte zwischen den Jahren 1965 und 1980 die Blütezeit. 1976 erschien mit dem Telefax ein neues Übertragungsmedium. Der Telegraf wurde durch diese Weiterentwicklungen als eigenständiges Kommunikationsmittel nun immer mehr überflüssig. Überall in den Regionen wurden die Personalbestände der Telegrafenbüros zurückgefahren und auf andere Dienste verteilt. 1999 stellten die Post und die Swisscom den Inlanddienst und ab 2001 auch den Auslanddienst ein. Es ist aber auch heute noch möglich über private Dienstleister Telegramme (z.B. Glückwünsche) zu versenden.

Bassersdorf bekommt das Telefon

Die individuelle Kommunikation begann 1876 in Amerika mit der Patentanmeldung des Telefons durch Alexander Graham Bell. 1880 eröffnete die private Zürcher Telefongesellschaft das erste Telefonnetz in der Stadt Zürich. Es wurde damit möglich, Gespräche zum Nachbarn zu führen oder direkt in eine Firma anzurufen.  Der Bund beschloss 1878 das bestehende Monopol von Post und Telegraf auf die Telefonie zu erweitern. Die erste interurbane Telefonverbindung in der Schweiz wurde 1882 zwischen Winterthur und dem Privatnetz von Zürich erstellt. Nun wurde der Bund hellhörig, das Telefon konnte ja zu einem guten Geschäft werden. Er kaufte das Privatnetz in Zürich zurück und führte das Monopol ein. Laufend entstanden überall in den Postgebäuden die ersten Telefonzentralen. 1896 wurde das Telefon in allen Kantonen der Schweiz eingeführt.

Die ersten Bassersdorfer Telefonabonnenten waren noch an die Zentrale in Kloten angeschlossen. Diese war bereits seit 1893 in Betrieb. Bassersdorf hatte zu dieser Zeit knapp 1000 Einwohner.

Im ersten Jahr kostete ein Telephonanschluss Fr. 120.-, im 2. Jahr Fr. 100.- und ab dem 3. Jahr noch Fr.80.-. Inbegriffen waren 800 Telefongespräche, alle weiteren wurden mit 5 Rappen verrechnet. Da immer mehr Personen von der neuen Kommunikationsmöglichkeit Gebrauch machen wollten, wurde in der Poststelle an der Zürcherstrasse neben dem Telegrafenbüro auch die eigene Telefonzentrale von Bassersdorf untergebracht. Im Brief vom 25. Februar 1905 wurde vom Telefonbüro Zürich an die Telegrafendirektion in Bern gemeldet:

«Wir theilen Ihnen mit, dass mit heute die neue Centralstation Bassersdorf den Dienst aufgenommen hat.
Für einige Tage noch bleibt dieselbe an Kloten angeschlossen und es wird auch letztere Centrale für den ganzen Monat Februar die Rechnung mit der Verwaltung zu den Abonnenten besorgen. Der direkte Anschluss an Zürich kann gegen Monatsende fertig erstellt werden. Es war nichts anders zu machen, weil das Abbruchmaterial der bisherigen Abonnentenlinie Kloten - Bassersdorf für den direkten Anschluss verwendet werden muss.» (PTT Archiv)

Begonnen wurde mit 10 Telefonabonnenten. 1918 waren es bereits 23 und in Baltenswil deren zwei. Auch die 7 Telefonabonnenten von Nürensdorf waren an die Bassersdorfer Zentrale angeschlossen. Der Anschluss kostete neu Fr. 60.- pro Jahr und jedes Gespräch 5 Rappen. Für Ferngespräche z.B. über eine Distanz von 200 km musste Fr. 1.- pro drei Minuten bezahlt werden. 1917 wurden bereits 21 460 Gespräche geführt. Diese wurden von Hand vermittelt, die automatischen Zentralen entstanden erst später.

 Die Telefonnetze wurden weltweit erweitert. Auslandgespräche waren aber teuer. So bezahlte 1929 ein Bassersdorfer für ein Dreiminutengespräch nach Berlin Fr. 6.-. Er konnte auch bereits 19 Millionen Abonnenten in den USA erreichen, das kostete aber Fr. 247.50.

Um die Zentrale anzurufen oder das Gesprächsende zu melden, konnte durch Drehen einer Kurbel der nötige Strom erzeugt werden. In der Zentrale fiel eine Klappe und zeigte den Anrufer an. Die Telefonistin «stöpselte» dann die gewünschte Verbindung.

Die Öffnungszeiten der Telefonzentrale waren durch einen Code im Telefonbuch angegeben. Diese waren in Bassersdorf im Jahre 1930:

Im Sommer: 0700 - 2030    
Am Sonntag: 0700 - 1245 / 1315 - 2030 
 

 In der Nacht war nur eingeschränkter Betrieb möglich.

Seit der Einrichtung des Telefons wurden die Telefone durch Batterien gespeist, die bei jedem einzelnen Teilnehmerapparat eingebaut waren.

Diese wurden alle zwei Monate durch Mitarbeiter der PTT geprüft, unterhalten und nötigenfalls ersetzt. Das war aufwändig, darum wurde mit der Automation auf das Zentralbatteriesystem umgestellt, die Speisung aller Anschlüsse erfolgte dann aus der Telefonzentrale.

 1925 stellte die Kreistelefondirektion Zürich der Obertelegrafendirektion in Bern das Gesuch, die Telefonzentrale Bassersdorf in das neue Postgebäude zu verlegen. Sie verlangte dafür die Freigabe eines Kredites von Fr. 6400.-. Ein Umschaltschrank für 100 Anschlüsse sowie ein Verteiler für 300 Leitungen wurden eingebaut. Die Rufnummern waren ein- oder zweistellig.

Die neue Telefontechnik erobert auch Bassersdorf

Eine Wende brachte in den Jahren 1931 und 1932 der Schritt vom manuellen Betrieb zur automatischen Vermittlung mit elektromechanischen Anlagen in den rund vierzig Landzentralen der Netzgruppe Zürich. So konnten nun auch die Bassersdorfer die Verbindung selber wählen und die Zentrale übernahm dabei die Aufgaben einer „Telefonistin“. Die ersten Zentralen konnten aber nur die in ihrem Einzugsbereich angesiedelten Anschlüsse automatisch verbinden. Für Fernverbindungen war immer noch die Telefonzentrale («das Amt») anzurufen und ein Gespräch mit der Angabe des Ortes und der Nummer zu verlangen. Da diese Arbeitsweise personalintensiv und teuer war, vergab man den Zentralen eigene Nummern, die verwendet wurden, wenn ein Gespräch aus dem Gebiet der eigenen Zentrale hinausging. Die Vorwahlnummer war geboren. Bassersdorf erhielt die Vorwahl 051. Die vollautomatische Einwahl von allen Telefonapparaten und Zentralen war erst 1959 möglich, als schweizweit die automatischen Telefonzentralen eingeführt waren.

Bassersdorf galt als Endamt und wurde über das Knotenamt Wallisellen mit dem Haupt- und dem Fernamt Zürich verbunden. Um eine Abweichung vom Stadtnetz zu erreichen, erhielten die Landzentralen sechsstellige Telefonnummern, die Stadt selbst hatte fünfstellige Nummern.

Der automatische Verkehr brachte viele Vorteile. Das Gespräch konnte, unabhängig von der Vermittlungsperson, rasch abgewickelt werden. Zudem war der Betrieb ohne Einschränkung auch zeitlich unbegrenzt möglich.

Auch die Voraussetzungen für den automatischen Verkehr von einem Netz zum anderen war nun gegeben. 1964 war die Selbstwahl mit europäischen Ländern, ab 1970 auch mit Übersee möglich. Mit dem schrittweisen Ausbau der Automation nahm der nationale und auch der internationale Verkehr stark zu. Auch stieg die Bevölkerungszahl von Bassersdorf stark an und erreichte 1970 bereits rund 5500 Einwohner. Ein weiterer Ausbau der Telefonzentrale im alten Gebäude war nicht möglich.

Nachdem 1978 in unmittelbarer Nähe (heute Poststrasse 11/13) die neue Telefonzentrale mit 15 000 Anschlüssen gebaut wurde, und die Post in eine provisorische Baracke umzog, konnte das alte Gebäude 1980 abgerissen werden.

Die internationale Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in den 1990er Jahren machte auch vor der Schweiz keinen Halt und zwang die PTT-Betriebe zur Neuausrichtung ihrer Unternehmensstrategie. Die Folge war die Aufteilung der PTT per 31. Dezember 1997 in die beiden eigenständigen Bereiche Post- und Telekommunikationsdienste. Somit gingen nun Post und Telecom ihre eigenen Wege.

Bereits 1998 wurde die Bassersdorfer Telecom-Zentrale auf die neuste digitale Technik umgerüstet. Sie war eigenständig, d.h. der direkte Zugang in das Eidg. Rechenzentrum erlaubte das Zusammenziehen der Taxdaten bis zur Rechnungsstellung.

2016 sind aber nur noch rund 2000 analoge und digitale Teilnehmeranschlüsse in der Bassersdorfer Telefonzentrale in Betrieb und es werden immer weniger (Zahlen: Swisscom 2016).

 Mit dem Einzug der neuen Technologien (Telefon über Internet / All IP), und der damit verbundenen Auflösung der analogen Telefonie sowie dem starken Anstieg der mobilen Kommunikation braucht es die grossen Telefonzentralen nicht mehr. Die meisten Räume stehen darum als Büroräume zur Vermietung bereit. Eine technische Ära mit dem separaten Festnetz der Telefonie geht somit zu Ende.

 Das zurzeit von der Swisscom in Bassersdorf aufgebaute Glasfasernetz wird die Kommunikation und die Datenübertragung nochmals wesentlich verbessern. Nur «telefonieren» gehört endgültig der Vergangenheit an.

Schreibweise: Die alten Schreibweisen «Telegraph» und «Telephon» wurden mit der Reform von 1996 aus dem Wörterregister gestrichen und durch «Telegraf» und «Telefon» ersetzt.

Bassersdorf, im Herbst 2016 / Rico De Boni