Der Alltag auf einem Bauernhof
Aus den Erinnerungen meines Vaters (Arnold *1918-†2015) an Breitenloo, dem Familiensitz eines Familienzweiges der Lienhart von Bassersdorf
Aus dem Bauern-Alltag im Sommer
Das Tagewerk
Um halb sechs begann man jeweils mit der Arbeit im Stall. Nachdem man gemolken und gemistet hatte, wurde die Arbeit für das Frühstück unterbrochen. Danach erledigte man die restliche Stallarbeit: Man putzte das Vieh, gab ihm nochmals Futter und brachte die Milch in die «Hütte» (Molkerei). Um acht Uhr begannen die Arbeiten auf Feld und Hof, unterbrochen von einer halbstündigen «Znüni»-Pause um zehn Uhr. Da der «Znüni» ziemlich spät eingenommen wurde, ass man erst um halb ein Uhr zu Mittag. Von halb Zwei Uhr bis fünf Uhr wurden die Arbeiten fortgesetzt. Danach nahm man gemeinsam «z'Obig» (Nachtessen) und ging um sechs Uhr abends erneut in den Stall, wo man bis halb acht Uhr Stallarbeiten verrichtete. Danach wurde nur noch ein Kaffee getrunken.
Im Sommer, wenn alle wieder auf dem Hof waren, lud man das Heu und die Garben ab. Die Erwachsenen beförderten das Heu in den Heustock, während dem die Knaben die Garben hochziehen mussten.
Maschinen hielten nur allmählich Einzug auf unserem Hof. Bis etwa 1922 führten wir die Getreideernte in reiner Handarbeit durch. Danach kauften wir eine kleine Dreschmaschine, die einen Teil dieser Arbeit erledigte. 1931 schaffte sich die «Dreschgenossenschaft Oberwil» eine grosse Dreschmaschine an, so wurde die unsere überflüssig. Bis etwa 1950 banden wir die Korngarben von Hand, doch dann nahm uns ein Bindemäher (ebenfalls von der «Dreschgenossenschaft Oberwil») auch diese Arbeit ab.
In der Regel besass ein Bauernbetrieb ein Pferd. Da man zum Beispiel bei Waldarbeiten auf zwei Tiere angewiesen war, half man einander gegenseitig aus. Als mein Bruder einen Traktor anschaffte, wurde das Pferd nicht mehr benötigt und wir brachten es in die Pferdemetzgerei nach Bassersdorf.
Erlebnisse bei der Feldarbeit
Es war an einem heissen, schwülen Sommertag im Jahre 1924. Ich durfte meinen Vater bei der Arbeit begleiten. Er mähte mit einer pferdegezogenen Mähmaschine. Plötzlich brach ein Gewitter herein. Vater beendete sofort die Mäharbeiten, um nach Hause zurückzukehren. Kaum hatte er sich auf die Mähmaschine gesetzt und mich zwischen seine Beine geklemmt, brachen das Pferd, vom Donner erschreckt, durch und galoppierten davon. Die rasante Fahrt liess den Gussreif des Speichenrades abspringen, sodass die Mähmaschine nur noch auf den Speichen über die Naturstrasse holperte. Vor dem Nachbarhaus konnte er das Pferd glücklicherweise wieder unter seine Kontrolle bringen.
Ein andermal brannte bei Feldarbeiten ein Pferd durch, welches an einen Wagen gespannt war. Es rannte bis auf unseren Hausplatz, wo meine Schwester Elise stand. Vor ihr blieb es dann plötzlich stehen, als wäre nichts geschehen.
Der Sommerbeginn des Jahres 1934 (vermutlich) war sehr kalt. Als meine Mutter im Juni am Abend vom «Beeren lesen» zurückkehrte, hatte sie den «Kuhnagel» (verfrorene Finger), so kalt war es.
Während der Zeit, als unser Pferd im Aktivdienst stand, mussten zu Hause Kühe und Ochsen die Arbeit der Pferde übernehmen. Allerdings eigneten sie sich schlecht dazu. Zum Glück war unser Pferd nie längere Zeit im Dienst, so dass wir die Arbeiten wie gewohnt erledigen konnten.
Aus dem Bauern-Alltag im Winter
In der kalten Jahreszeit war vorwiegend das Holzen, die Forstarbeiten, unsere Tätigkeit. Jede Familie holzte für sich. Das heisst, es wurden nicht andere Leute vom Weiler dazu gezogen.
Das meiste Holz, das wir fällten, war für unsere eigenen Zwecke bestimmt. Bauholz hatten wir in unserem Waldbestand nicht viel. Davon schlugen wir jeweils ein wenig und verkauften es «lang», also ab Platz in Stämmen.
Für das Holzen benötigte man zwei Pferde. Da wir nur eines hatten waren wir noch auf ein anderes Pferd angewiesen. Wir schlossen uns mit dem Nachbarn zusammen, welcher auch nur ein Pferd besass.