Die Maul- und Klauenseuche im Dorf
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende, akut verlaufende, fieberhafte Viruserkrankung. Sie kann alle Klauentiere wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Rot-, Reh- und Damwild befallen. Für den Menschen stellt die MKS keine gesundheitliche Gefahr dar.
Die Maul- und Klauenseuche von 1939 in Breitenloo bei Nürensdorf
Aus den Erinnerungen meines Vaters (Arnold *1918-†2015) an Breitenloo, dem Familiensitz eines Familienzweiges der Lienhart von Bassersdorf
Im Winter des Jahres brach in Breitenloo, genauer gesagt im Stall der Familie Meier, die Maul- und Klauenseuche aus. Nur die Tiere der Familie Meier schienen von der Seuche befallen zu sein, darum wurde auch nur dieser Viehbestand abgeholt und geschlachtet. Alle anderen Bauern konnten vorerst ihr Vieh behalten, doch wurde der ganze Weiler Breitenloo unter Quarantäne
gestellt. Wir befürchteten, unser Hof könne ebenfalls von der Seuche betroffen sein, denn ich (Arnold 1918) war noch am Abend zuvor im Stall der Familie Meier gewesen.
Während der Quarantänezeit, die 3 Wochen dauerte, war der ganze Weiler gesperrt. Nur noch der Botengänger, welcher uns von der Gemeinde Nürensdorf zur Verfügung gestellt wurde, durfte Breitenloo betreten und verlassen. Die Post wurde während dieser Zeit in Oberwil zurückbehalten. Als nach 3 Wochen offensichtlich wurde, dass die Maul- und Klauenseuche nicht auf die übrigen Höfe übergegriffen hatte, wurde die Quarantäne aufgehoben und der gewohnte Alltag konnte wieder Einzug halten in Breitenloo.
Wenn ein Hof von der Maul- und Klauenseuche betroffen war, musste man das Haus und den Stall desinfizieren: Die Holzböden wurden herausgerissen und ersetzt, die Kleider gewaschen und die Schuhe vor jedem Betreten des Hauses mit «Lysol» desinfiziert.
Unser Botengänger hiess Lukas Bischof und war ein Bruder von Niklaus Bischof aus Zürich, welcher uns später den Rebberg abkaufte. Lukas hatte sein Quartier im Rebhäuschen und tätigte für uns alle Angelegenheiten ausserhalb des Hofes. So stellten wir die Milchkannen an den Strassenrand, die er dann einsammelte und nach Oberwil brachte. Auch Einkäufe erledigte er für uns. Jede Berührung zwischen uns und ihm musste vermieden werden.
Eines Abends kehrte Lukas nicht nach Breitenloo zurück. Er pflegte uns sonst zu verständigen, wenn er nicht sofort zurückkommen konnte. Als um 23 Uhr von Lukas noch immer keine Spur zu sehen war, beschloss Gottfried (1907), ihn zu suchen, trotz dem Verbot, den Hof zu verlassen. Am Ortsrand von Oberwil fand er ihn betrunken im Schnee liegen. Wir durften niemandem etwas davon erzählen, da Gottfried sich ja verbotenerweise nach Oberwil begeben hatte. Glücklicherweise war er von niemandem gesehen worden.