Ackerbau

«Wir pflügen und wir streuen
den Samen auf das Land.
Doch Wachstum und Gedeihen
steht nicht in unsrer Hand.»

Matthias Claudius

 

Pflügen - Vom Holzpflug zum Eisenpflug

Die wohl schwerste körperliche Arbeit, die ein Bauer zu verrichten hatte, war die des Pflügens. Mit den frühesten Geräten der Bodenbearbeitung, der Hacke und dem Hakenpflug, war das Umbrechen der Ackerkrume recht mühsam. Zudem musste in Ermangelung von Zugtieren der Pflug oft von einer zweiten Person gezogen werden. Beide Geräte waren aus Holz. Einige Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung bekam der Hakenpflug eine eiserne Spitze, aber erst mit der Erfindung der Pflugschar konnte breiter und tiefer gepflügt werden.

Doch alle diese Pflüge konnten den Boden nur aufreissen. Die konkave Schwingung der Pflugschar (um 1730 erfunden) ermöglichte erstmals ein Wenden des Bodens. Verbunden mit der Zugkraft von Pferden oder Ochsen konnten nunmehr grössere Flächen bearbeitet werden. Dennoch schaffte ein Bauer nicht mehr als etwa ein Drittel Hektar pro Tag. Er schaffte in drei Tagen die Arbeit, die ein Bauer mit einem 100 PS-Traktor heute in einer Stunde bewältigt.

Egge - Zähne zur Bodenbearbeitung

Eggen haben in der Bodenbearbeitung vielfältige Aufgaben: Sie lockern, krümeln und ebnen die Bodenoberfläche und dienen somit nach dem Pflügen zur Vorbereitung der Einsaat. Sie können zur Unterbringung der Saat in den Boden eingesetzt werden und ihnen fällt die Aufgabe der Unkrautbekämpfung zu.

Die Zähne der Eggen werden durch den Boden gezogen, dabei lockern sie den Boden auf und reissen Unkrautpflanzen aus. Die Zähne sind immer so angeordnet, dass sie eine möglichst grosse Fläche erfassen. Mit einem Strick am Ende der Egge konnte der Bauer diese hin- und herreissen und zwischenzeitlich hochheben, um Unrat herauszuziehen.

Säen - Mit der Maschine geht es gleichmässiger

Grundlage allen Ackerbaues ist der Getreideanbau. Die älteste Nutzform ist der Weizen in seinen Frühformen. Einkorn, Emmer und Dinkel. Heute macht der Weizenanbau ein Drittel der Weltgetreideproduktion aus, gefolgt von Reis (ein Viertel), Mais (ein Fünftel) und Gerste (ein Zehntel). Roggen, der noch im 19. Jahrhundert die Grundlage der Ernährung in Westeuropa bildete, speilt mit 3% Weltproduktionsanteil inzwischen eine untergeordnete Rolle.

Der Sämann, der das Korn auf dem Feld mit der Hand aussäende Bauer, ist neben dem pflügenden Bauern die symbolträchtigste Figur in der Darstellung der Landwirtschaft. Mit einem umgehängten Tuch, das vor dem Bauch mit Korn gefüllt wurde, oder einer umgehängten Saatwanne schreitet der Bauer über das Feld und versucht mit einer möglichst gleichmässigen Handbewegung das Korn auf dem Acker zu verteilen.

Mit der fortschreitenden Erkenntnis, dass ein Düngen des Bodens bessere Ernteergebnisse mit sich bringt, wuchs auch die Vermutung, dass eine gleichmässigere Aussaat, als sie von Hand je möglich sein würde, ebenfalls von Vorteil sein könne. Überlegungen, die Samen maschinell auszubringen, gab es schon seit dem 16. Jahrhundert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Erfindungen dann soweit fortgeschritten, dass eine sogenannte Drillmaschine optimale Säergebnisse lieferte: aus einem grossen Saatvorratskasten, der zwischen zwei Räder montiert ist, werden die Samenkörner mittels einer Welle gleichmässig auf Öffnungen verteilt. Durch diese laufen die Körner in Schläuche, die bis auf den Ackerboden reichen. Dort garantieren speziell konstruierte Spitzen für ein gleichmässiges Ausbringen in richtig dosierter Menge. Für die unterschiedlichen Getreidearten lässt sich die Maschine entsprechend einstellen, so dass gleichmässige Reihen und Pflanzenabstände entstehen und der Samen in die richtige Bodentiefe gebracht wird.

Ernte - des Bauers Lohn

Mähen mit Sense und Sichel

Über Jahrtausende des Getreideanbaus waren Sichel und Sense die einzigen Erntegeräte. Mit der Hand wurde das Korn geschnitten und in Bündel abgelegt. Während sie Sichel nur ein Arbeiten direkt über dem Boden, also in gebückter Haltung ermöglicht, kann mit der Sense stehend gearbeitet werden. Beide Mähmethoden erforderte erheblichen Kraftaufwand.

Der Stil der Sense bzw. die daran befestigten Griffe wurden mit beiden Händen umfasst und mit einer ausholenden Bewegung wurde das Getreide abgeschnitten. Die Halme fielen dabei durcheinander zu Boden. Mit dem 1824 erfundenen Ablegbügel an der Sense gelang es, die Garben so niederzulegen, dass sie bequem aufgenommen werden konnten.

Die ebenfalls auf dem Feld arbeitenden Frauen nahmen das gemähte Getreide auf und banden es mit einigen Halmen zu Garben zusammen. Diese wurden dann zum Trocknen in «Puppen» aufgestellt, die bis zur Einfuhr stehen blieben.

Die Sense musste mindestens einmal im Tag geschärft werden. Dieser Arbeitsvorgang wurde «Dengeln» genannt. Dazu gab es ein spezielles Werkzeug, mit dem Dengelamboss, auf dem die Sense mit dem Dengelhammer bearbeitet wurden, um die Schneide möglichst glatt und scharf zu machen und den Stahl zu härten. Während dem Mähen musste das Senseblatt zwischenzeitlich immer wieder mit dem «Wetzstein» «gestrichen», also geschärft, werden.

Die Erntetage waren arbeitsreiche Tage mit 10-12 Stunden reiner Arbeitszeit. Essenspausen wurden daher nur direkt auf dem Feld gehalten. Die notwendigen Speisen nahm man entweder gleich mit oder sie wurden aufs Feld hinausgebracht.

Das Korn dreschen

Das heutige Dreschverfahren wird durch den Mähdrescher sofort bei der Ernte ausgeführt: das Getreide wird geschnitten, gedroschen und gereinigt. Die Körner können danach zur weiteren Verwendung direkt abtransportiert werden. Schwerer hatten es da unsere Vorfahren, die das Getreide zunächst einlagern und dann je nach Bedarf die Ähren mühsam mit der Hand ausdreschen mussten. Als älteste Methode galt das Schlagen der Garben gegen ein Brett. Etwas moderner war das Dreschen mit Dreschflegeln.

Dazu wurde das Getreide auf der Diele ausgebreitet, mehrere Männer nahmen einen auf ihre Körpergrösse ausgerichteten Flegel, einem Stab mit beweglich angebrachtem Holzknüppel, und schlugen im Takt auf das Getreide ein. Der Takt, gegebenenfalls durch monotone Gesänge unterstützt, ermöglichte eine kontinuierliche Arbeitsweise, die zudem verhinderte, dass sich die Arbeiter durch unkontrolliertes Schlagen gegenseitig verletzten oder die Flegel sich miteinander verhedderten. Die ausgedroschenen Körner wurden aufgelesen und in der sogenannte Kornfege, im Volksmund auch Staubmühle genannt, gereinigt.

Die erste Dreschmaschine, eine mit Schlagleisten besetzte Trommel, wurde 1788 in Schottland patentiert. Es dauerte aber noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, bis serienreife Dreschmaschinen entwickelt wurden. Die zwei typischen Maschinenformen waren der Spitz- und Breitdrescher. Fünf Arbeitsgänge wurden von einer guten Dreschmaschine verlangt. Der Transport der Garben, der eigentliche Dreschvorgang, das Trennen von Langstroh und Spreu, das Aussieben des Korns und letztlich mittels eines Ventilators die Getreidereinigung.

Neben der Funktion war der Antrieb der Maschinen besonders wichtig. Grössere Dreschmaschinen, meist von herumziehenden Lohnunternehmen, wurden mit fahrenden Dampfmaschinen, den Lokomobilen, später mit Schwungscheiben und Elektromotor ausgestattet, angetrieben.

Die Entwicklung des Mähdreschers

Das grundsätzliche Problem der Mechanisierung der Getreideernte ist der Schnitt der Halme, ohne diese vorher durch Menschen, Tiere oder Maschinen plattgewalzt zu haben. Schon die Römer hatten im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung eine Mähvorrichtung erfunden, die aus einem auf ein Fahrgestell montierten Kasten mit fest angebrachten Messern bestand, die die Halme abriss und sie aufsammelte. Diese Maschine wurde von Esel geschoben.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Gedanke einer geschobenen Mähmaschine wieder aufgegriffen, aber erst der von Cyrus Hall McCormik entwickelte «Reaper» brachte 1841 auf der Londoner Weltausstellung den Durchbruch. McCormick hatte einen von Pferden, die er seitlich anspannte, gezogener Mäher entwickelt, der einen Mähbalken mit beweglichen Messern besass. Schon 1860 wurden weltweit jährlich mehr als 20'000 Stück dieser Balkenmäher verkauft. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein hielt sich dieses Prinzip der Balkenmäher. Während somit die Mäharbeit sehr erleichtert wurde, mussten die Halme nach wie vor mit der Hand aufgenommen, zu Garben gebunden und zu «Puppen» aufgestellt werden. McCormick, John Deere und andere Erfinder arbeiteten jahrelang daran, eine Maschine zu konstruieren, die die Halme nach dem Schnitt aufnehmen und binden konnte. Die Ergebnisse waren wenig erfolgsversprechend. Erst dem deutschen Konstrukteur August Claas gelang es 1923 mit der Erfindung des Knoterhakens eine sichere Bindemethode. Der Mähbinder war erfunden und reduzierte die notwendigen Arbeitskräfte auf zwei Personen. Gleichzeitig mit der Entwicklung des Mähbinders wurde an der Konstruktion einer Maschine gearbeitet, die alle Arbeiten in einem Arbeitsgang erledigen sollte: dem Mähdrescher. Die ersten Mähdrescher, die um Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, waren geradezu Ungetüme, die mit bis zu 32 Pferden gezogen werden musste. Es vergingen aber noch viele Jahrzehnte, bis durch die Kombination mit einem Verbrennungsmotor der Mähdrescher zu einer lediglich von einer Person zu bedienenden, serienreifen Maschine wurde. Das geschnittene Getreide lief durch die Maschine, wurde gedroschen, gereinigt und gebunden oder gehäckselt. Durch diese Entwicklung konnte der Arbeitsaufwand zur Einbringung eines Hektars Getreide von rund 120 Arbeitsstunden auf 40 Stunden mit einem Mähbinder und nur rund 1,5 Stunden mit dem Mähdrescher reduziert werden.

Quellennachweis

Literaturverzeichnis  
Pflügen - Von Holzpflug zum Eisenpflug Landwirtschaftsmuseum Rhede D
Egge - Zähne zur Bodenbearbeitung Landwirtschaftsmuseum Rhede D
Säen - Mit der Maschine geht es gleichmässiger Landwirtschaftsmuseum Rhede D
Mähen mit Sense und Sichel Landwirtschaftsmuseum Rhede D
Das Korn dreschen Landwirtschaftsmuseum Rhede D
Die Entwicklung des Mähdreschers Landwirtschaftsmuseum Rhede D
   
Abbildungsverzeichnis  
Säen - Mit der Maschine geht es gleichmässiger www.originalfreiberger.ch 2009